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Martin Waldbauer – Spuren der Zeit

25. Juni 2021

Martin Waldbauer – Spuren der Zeit

Installation im öffentlichen Raum

Dauer: Juni bis September 2021

http://martinwaldbauer.com/

Drei ehemalige Holzhauer aus dem Bayerischen Wald blicken von den abgeblätterten Mauern des alten Schulhauses in Ranfels herab. In einer Art Tryptichon haben sie sich an der grünen Fassade gruppiert, ihr Blick zeigt Richtung Wald – dort wo sie ihr Leben lang die Familie daheim ernährt haben. Die Gesichter erzählen von ihrem Leben, geprägt von harter Arbeit, Kargheit und Entbehrungen. 

Auf der Giebelseite mit Blick Richtung Wirtshaus ist das Bild einer Frau zu sehen. Es ist die Großmutter des Künstlers. Ihr Ausdruck vereint für Martin Waldbauer die drei entscheidenden Parameter in der Portraitfotografie: Stolz, Würde und Verletzlichkeit. Auch dieses Bild erzählt von einem ‚reichen‘ Lebenswerk mit vielen Anstrengungen und großen Mühen. Hilde Waldbauer arbeitete ihr gesamtes Leben im elterlichen Gasthaus, in dem auch ihr Enkel Martin Waldbauer aufgewachsen ist. 

Das alte Schulhaus von Ranfels

Das grüne Haus ist Kulisse für die portraitieren Menschen und zugleich auch Protagonist der Installation.  1816 wurde in Ranfels eine Volksschule eröffnet. Es war damit eine der ersten Schulen im ganzen Landkreis mit staatlichem Unterricht und einem Lehrer als öffentlichem Diener. Zeitweise wurden hier mehr als 100 Kinder aus den umliegenden Gemeinden unterrichtet. Nach dem Bau der neuen Schule 1908 wurde das Haus als Schlacht- und Waschhaus genutzt. Später gab es im ersten Stock auch Zimmer für Pensionsgäste. Sichtlich geschunden präsentiert es sich heute, dem Verfall preisgegeben.  Aber es hat durchgehalten, steht mit seiner eigenwilligen Architektur beinahe trotzig mitten im Dorf und scheint gewillt, weiter hier zu bleiben und von seiner Geschichte zu erzählen.

Das alte Schulhaus und die Portraits der Menschen repräsentieren gleichermaßen ein langes und intensives Leben, schonungslos, aber mit großer Würde.

Auch das ist Heimat. Die Spuren der Zeit ehrlich ans Tageslicht bringen, um damit ein eindrückliches Denkmal zu setzen.

8 Stunden Installationsaufbau = 1:44 Min. Zeitraffer

Link zum Abendschau-Beitrag BR vom 28.6.2021

„In meinen Bildern versuche ich nicht einen bestimmten Moment zu dokumentieren, sondern die Spuren der Zeit zu konservieren.“

Martin Waldbauer

„Was ist es aber, was mich zu bestimmten Menschen hinzieht? Vielleicht ist es die stete Suche nach dem ‚normal Einzigartigen‘. Was ist schön? Schönheit definiert sich meines Erachtens nicht an bestimmten Normen oder Zeitströmungen, sie ist eine Offenbarung aus vielen Faktoren. Schönheit strahlt und leuchtet – für mich definiert sich Schönheit an Attributen wie Spuren, Makel, Ecken und Kanten. Es gibt nichts vergleichbar schöneres als das menschliche Gesicht, mitsamt seinem ‚Erlebten‘ und sichtbaren Ecken und Kanten.“

Martin Waldbauer zum Begriff „Schönheit“

Martin Waldbauer arbeitet in der klassisch, analogen Schwarzweißfotografie mit zwei Mittelformatkameras im Format 6×6 und 6×7 cm und einer Großformatkamera mit der monumentalen Negativgröße von 20×25 cm.

Ein essentieller Bestandteil seines Schaffens ist die Interpretation des Negativs in der Dunkelkammer. Die in der Regel mehrfach getonten Silbergelatineabzüge und die sogenannten Lithprints sind das Resultat seiner intensiven Auseinandersetzung mit diesem Medium. Die Lihtprints entstehen zum Teil auf alten Barytpapieren, die durchaus 40 bis 60 Jahre in der Packung auf Licht warten. In den konventionellen fotografischen Entwicklungsprozessen können sie nicht mehr eingesetzt werden. Diese Bromsilberpapiere haben demnach einen langen Reifungsprozess hinter sich und sind nur mit Lithtechnik zum Leben zu erwecken. Durch dieses ephemere Grundmaterial sind die meisten seiner Bilder kostbare Unikate.

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